Milena Schubert (Schülerin des NGG) besuchte drei Monate lang eine bretonische Familie in Treffiagat (Nachbarort unser Partnergemeinde Plobannalec Lesconil) und ging dort zur Schule, in das Collège Laennec in Pont l‘Abbé. Nach ihrer Rückkehr Mitte November befragte Wolfgang Crasemann sie hierzu:
Welche Motivation hattest Du zu diesem längeren Aufenthalt?
Ich hörte einen Vortrag im NGG über diese Möglichkeit und entschloss mich ganz spontan. Andere Kulturen interessieren mich, ich habe ja bulgarische Wurzeln und ich plane ohnehin, ein Jahr im Rahmen des Programmes: „Youth for Understanding“ ins Ausland zu gehen. Und dazu war dieser Aufenthalt eine gute Vorbereitung.
Welche Erwartungen hattest Du?
Eigentlich gar keine. Ich hoffte auf eine nette Gastfamilie und wollte mich überraschen lassen.
Wie war denn Deine Gastfamilie?
Super nett; wir haben uns sehr gut verstanden, wenn nicht mit Sprache, dann mit Gestik. Die Familie bestand aus Papa, Mama, zwei Kindern, Hase, Katze und Fisch. Menschen und Tiere, alle gingen sehr harmonisch miteinander um. Wir haben viel unternommen und viel gelacht. Nach dem Abendessen spielten wir regelmäßig Spiele, wie Triomino, Uno oder Schwarze Peter. Wir haben auch zusammen gekocht. Mein Versuch bulgarische Moussaka und Tarator zuzubereiten, endete fast im Desaster, denn ich habe viel Salz verschüttet, aber wir hatten viel Spaß und mein Gastvater sagte: „Si tu as un peu de stress, tu parles francais, c’est le plus important“. (auf Deutsch: Wenn Du etwas Stress hast, dann sprichst Du Französisch, und das ist doch das Wichtigste.) Ich bin meinen Gasteltern sehr dankbar für die tolle Zeit mit ihnen und ihren Kindern.
Hattest Du außerhalb der Familie besondere Erlebnisse?
Ja viele, hier nur dieses: Auf der Kirmes „la fête foraine“ erfuhr ich Adrelanin pur. In einer Himmelsschaukel wurde ich durchgeschleudert, ich habe die tolle Aussicht auf Pont l‘Abbé genossen und super viel gelacht; und dabei lernte ich viele neue Leute kennen.
Wie bist Du denn mit der französischen Sprache zurechtgekommen?
Ich hatte wenig französische Vorkenntnisse, meine Gastfamilie sprach kein Wort Deutsch. Ich musste mich durchschlagen, manchmal half die Mimik, manchmal Englisch. Am Anfang war ich einfach zu schüchtern, um zu sprechen, ich habe aber immer mehr verstanden. Nach einigen Wochen zeigte mir eine Freundin der Familie das Oceanopolis in Brest. Wir saßen zu zweit im Auto und plötzlich machte es „Klick“ und ich unterhielt mich die ganze Autofahrt lang fließend auf Französisch. Was für ein Wunder: Ich konnte es ja doch, man muss sich einfach nur trauen und es ist doch egal, wie viele Fehler man macht.
Welche Tipps hast Du für Schüler(innen), die auch nach Frankreich wollen?
Seid offen, gebt Euch einen Ruck und macht wie ich die tolle Erfahrung, mit wenig Sprachkenntnissen in eine andere Kultur zu tauchen. Klar, man ist zwischendurch auch mal traurig, vermisst seine Freunde oder hat eine Sprachblockade. Aber gerade das ist ja das Spannende: Das Wechselspiel zwischen Euphorie und Enttäuschung, man lernt auch sich selbst besser kennen. Und die bretonische Kultur ist etwas ganz Spezielles, viel regionaler Stolz, weit weg von Paris und eine besonders herzliche Gastfreundschaft. Ich kann den Aufenthalt nur wärmstens empfehlen und das Netzwerk von „Amis de France“ und „Comité de Jumelage“ findet sicher eine passende Gastfamilie. Alles läuft ganz freundschaftlich und unbürokratisch ohne Ausfüllen lästiger Formulare.
Es freut mich sehr, dass der Aufenthalt für Milena eine solche Bereicherung war. Das gibt Ansporn dafür, auch anderen Jugendlichen einen längeren Aufenthalt (Zeitdauer ist frei wählbar) in unserer Partnergemeinde zu ermöglichen. Übrigens können wir auch für ältere Personen eine passende Gastfamilie finden.
„Amis de France“ trifft sich regelmäßig zu gemeinsamen Essen, zu Gesprächen auf Französisch und zu französischen Kulturveranstaltungen. Wer Interesse an unserer Arbeit hat oder eine Gastfamilie sucht, wende sich an mich: wolfgang.crasemann@gmx.de
Foto: Philip Daferner